Zulassungsbilanz im 1. Quartal 2022 lässt eine verhaltene Entwicklung im Gesamtjahr erwarten
Die Europäische Kommission hat in den ersten drei Monaten dieses Jahres deutlich weniger neue Arzneimittel zugelassen als im gleichen Vorjahresquartal. Auch das 2. Quartal entwickelt sich schwächer. Dies lässt für das Gesamtjahr eine im Vergleich zu 2021 verhaltene Zulassungsbilanz erwarten.
Im 1. Quartal 2022 hat der MAA-Report 17 Zulassungen registriert. Damit wurden rund ein Drittel weniger neue Arzneimittel im Europäischen Wirtschaftsraum (EU plus Norwegen, Island und Liechtenstein) erstmals verkehrsfähig als im 1. Quartal 2021 (26 Produkte). In der Statistik des MAA-Report werden Generika und Informed-Consent-Anmeldungen nicht erfasst und Duplikate nur einmal gezählt. Biosimilars sind dagegen aufgeführt.
Auch die Zahl der zu Beginn des 2. Quartals erteilten Zulassungen und der „Vorrat“ an Positive Opinions deutet auf ein schwächeres Zulassungsgeschehen in den kommenden Monaten hin. Inzwischen (Stand 30.04.22) stehen 27 (Vorjahr: 30) Arzneimittel in der Zulassungsstatistik des MAA-Report. Per Ende April warteten nur 6 (Vorjahr: 10) Positive Opinions aus vorangegangenen CHMP-Sitzungen noch auf eine Entscheidung durch die EU-Kommission. Auch die Zahl der laufenden Zulassungsverfahren liegt unter Vorjahr. Der MAA-Report registrierte per Ende April dieses Jahres einen Bestand von 67 noch „unerledigten“ Anträgen; zur gleichen Vorjahreszeit standen 74 Zulassungsanträge (MAA) in den Büchern.
Die Top Indikationsgruppen im 1. Quartal 2022 waren „Alimentäres System und Stoffwechsel“ mit 3 Arzneimitteln, Krebs (Antineoplastische Substanzen), Hämatologische Erkrankungen sowie COVID-19 mit jeweils 2 zugelassenen Arzneimitteln. Auf diese Top 4 Indikationen entfielen mehr als die Hälfte der Neuzulassungen.
Zum 31.03.22 hatten 14 der 17 in der EU im 1. Quartal zugelassenen Arzneien auch eine Genehmigung der FDA. Aus dieser Stichprobe errechnete sich eine durchschnittliche Bearbeitungszeit von 398 Tagen in der EU und von 238 Tagen in den USA, eine Differenz von 160 Tagen. Damit verfestigt sich auch mit dieser kleinen Stichprobe eines Quartals die Aussage, die der MAA-Report in den Jahresbilanzen der vergangenen drei Jahre getroffen hatte: Antragsteller warten in der EU fünf bis sechs Monate länger auf eine Arzneimittelzulassung als in den USA.
Ein anderes Bild zeigt der Blick auf die beiden COVID-19-Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen, die im 1. Quartal in der EU zugelassen wurden. Von der Einreichung bei der EMA bis zur Zulassung durch die Europäische Kommission vergingen bei Evusheld von AstraZeneca lediglich 11 Tage und bei Paxlovid von Pfizer 21 Tage. Diesen Verfahren gingen freilich Rolling Reviews und damit die schrittweise Einreichung von Daten voraus. In den USA dauerte es von der finalen Einreichung bis zur Notfallzulassung (EUA) der FDA 69 (Evusheld) bzw. 36 Tage (Paxlovid). Zwar erfolgten die EUAs der US-Zulassungsbehörde rund einen Monat (Paxlovid) bis dreieinhalb Monate (Evusheld) früher als die bedingten Zulassungen der EU-Kommission, weil auch die Anträge in den USA früher gestellt wurden. Jedoch erstellte der CHMP für beide Wirkstoffe schon frühzeitig harmonisierte wissenschaftliche Gutachten, sogenannte Artikel 5(3)-Empfehlungen, die schon vor der Zulassung eine Anwendung der Arzneimittel auf der Ebene der EU-Mitgliedstaaten zuließen – ein Verfahren, das im Effekt einer EUA sehr nahe kommt.
Hinweis: Die aktuelle Ausgabe des MAA-Report (Nr. 9. Vom 09.05.2022) enthält zwei Extra-Datenblätter zu den Zulassungen des 1. Quartals 2022 mit einer nach Indikationen sortierten Übersicht sowie einem Vergleich der Bearbeitungszeiten in der EU mit denen in den USA.