Nach der Janssen-Zulassung: Die vermutlich nächsten COVID-19-Vakzinen und -Antikörper in der EU

Am 11. März hat COVID-19 Vaccine Janssen und damit der vierte Impfstoff gegen COVID-19 eine bedingte Zulassung durch die Europäische Kommission erhalten. Wir werfen einen Blick auf die COVID-19-Impfstoffe und das SARS-CoV-2-Virus neutralisierende monoklonale Antikörper, mit denen sich der CHMP bereits im rollierenden Verfahren beschäftigt oder deren baldige Einreichung geplant ist.

Der Impfstoff COVID-19 Vaccine Janssen (Ad26.COV2-S [rekombinant]) ist zugelassen als aktive Immunisierung mit (nur) einer Impfdosis zur Prophylaxe der COVID-19-Erkrankung bei Personen im Alter von 18 Jahren und älter. Es handelt sich um eine Vektorviren-Vakzine, bestehend aus einem rekombinanten, nicht-replikationsfähigen humanen Typ-26-Adenovirus, der für ein SARS-CoV-2 Spike (S)-Glycoprotein in voller Länge kodiert. Die EMA bescheinigt der Vakzine auf Basis der verfügbaren Daten (Phase-3-ENSEMBLE-Studie in den USA, in Lateinamerika und in Südafrika) eine Schutzwirkung vor symptomatischer COVID-19 von 66,9% mindestens 14 Tage nach der Impfung und von 66,1% mindestens 28 Tage nach der Impfung. Der Schutz vor schwerer/kritischer COVID-19 betrug 76,7% mindestens 14 Tage nach der Impfung und 85,4% mindestens 28 Tage nach der Impfung. Die J&J-Tochter Janssen hat für den Impfstoff seit 27.02.21 auch eine Notfallzulassung (EUA) der US-Arzneimittelbehörde FDA.

Derzeit befinden sich drei weitere Vakzinen bei der EMA in einer Rolling Review: COVID-19-Vakzine NVX-CoV2373 von Novavax, COVID-19-Vakzine CVnCoV von c sowie COVID-19-Vakzine Sputnik V (Gam-COVID-Vac), die von R-Pharm Germany für das russische Gamaleya NRCEM zur Review angemeldet wurde.

Weit fortgeschritten in der Entwicklung ist die Vakzine von Novavax; jedenfalls hat das US-Unternehmen angekündigt, dass es möglicherweise schon im 2. Quartal dieses Jahres in den USA eine Notfallzulassung beantragen könnte. Die Rolling Review in der EU hat am 03.02.21 begonnen. Der Impfstoff enthält Partikel einer rekombinanten Version des Spike-Proteins von SARS-CoV-2 sowie ein Saponin-basiertes Adjuvans und unterscheidet sich damit von den bisher zugelassenen Messenger RNA und Vektorviren-Impfstoffen. Am 11.03.21 hat Novavax aktualisierte Ergebnisse aus laufenden Phase-3-Studien bekanntgegeben. Die laufende britische Phase-3-Studie erreichte laut Novavax in der finalen Auswertung eine Wirksamkeit im Schutz vor symptomatischem COVID-19 von 89.7%. Bei Verursachung durch den Virus-Wildtyp wurden 96.4% und bei Verursachung durch die neue britische SARS-CoV-2-Variante B.1.1.7/501Y.V1 86.3% Wirksamkeit registriert (post hoc). Die Auswertung basiert auf insgesamt 106 COVID-19-Fällen. In der laufenden Phase-2b-Studie in Südafrika, wo sich die dortige Virus-Variante B.1.351/501Y.V2 stark ausbreitet, betrug die Wirksamkeit 48.6%. Sie erreichte 55.4% bei den HIV-negativen Studienteilnehmern. In beiden Studien wurde ein Schutz vor schwerem COVID-19-Verlauf von 100% registriert.

Für COVID-19-Vakzine CVnCoV, den mRNA-Impfstoff von CureVac, hat die Rolling Review am 12.02.21 begonnen. Laut CureVac (Stand 12.02.21) wurde das erste Datenpaket aus präklinischen Studien bei der EMA eingereicht und eine technische Validierung erfolgreich abgeschlossen. Die zulassungsrelevante Phase 2b/3-Studie HERALD bei Erwachsenen mit einer Dosisstärke von 12 µg befinde sich in einem fortgeschrittenen Stadium.

Die Rolling Review für Sputnik V (Gam-COVID-Vac) läuft seit 04.03.21. Es handelt sich um einen Vektorviren-Impfstoff mit zwei unterschiedlichen rekombinanten Adenoviren (Ad26 für die 1. und Ad5 für die 2. Impfdosis), die jeweils für das Sars-Cov-2-Spike-Protein kodieren. Die Zwischenauswertung einer in Lancet veröffentlichten Phase-3-Studie ergab eine Wirksamkeit von 91,6% im Schutz vor symptomatischer COVID-19 (95% CI 85,6–95,2).

Neutralisierende monoklonale Antikörper im Rolling-Review-Verfahren

Zur Behandlung von nicht-hospitalisierten, positiv getesteten COVID-Patienten hat für drei monoklonale, das Virus neutralisierende Antikörper das Rolling-Review-Verfahren bei der EMA begonnen (Stand 12.03.21). In zwei Fällen hat der CHMP auch schon eine harmonisierte Scientific Opinion nach Artikel 5(3) der EU-Verordnung 726/2004 abgegeben. Damit sollen, vor einer formellen Zulassung auf EU-Ebene, Entscheidungen auf nationaler Ebene über die mögliche Anwendung unterstützt werden. Für einen dritten Antikörper hat das Verfahren nach Artikel 5(3) begonnen. In Deutschland können mehrere dieser Arzneimittel nach Beschaffung durch das Bundesgesundheitsministerium in der Versorgung bereits eingesetzt werden, und zwar durch bestimmte spezialisierte Ärztinnen und Ärzte in Krankenhäusern oder Krankenhausambulanzen. Grundlage ist die Medizinischer Bedarf Versorgungssicherstellungsverordnung (MedBVSV).

Für die folgenden Antikörper oder Antikörper-Cocktails hat die Rolling Review begonnen: Bamlanivimab, Etesevimab von Lilly (11.03.21), Casirivimab, Imdevimab (REGN-COV2) von Regeneron und Roche (01.02.21) sowie Regdanvimab (CT-P59) von Celltrion (24.02.21).

Für das Produkt von Lilly liegt bereits eine an die EU-Mitliedstaaten gerichtete harmonisierte wissenschaftliche Artikel-5(3)-Opinion des CHMP vor. Die EMA kam zu dem Schluss, dass die beiden Antikörper zusammen angewendet werden können, um Patienten mit COVID-19 zu behandeln, die keine zusätzliche Sauerstoffgabe benötigen und die ein Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben. Bamlanivimab allein könne trotz einiger Zweifel hinsichtlich einer Monotherapie als eine Behandlungsoption angesehen werden. Bamlanivimab kann bereits in Deutschland, obwohl nicht zugelassen, auf der Grundlage der MedBVSV unter bestimmten Bedingungen angewendet werden. Das PEI hat hierfür eine Fachinformation veröffentlicht. In den USA haben Bamlanivimab, Etesevimab bzw. die Bamlanivimab-Monotherapie eine Notfallzulassung.

Auch für Casirivimab und Imdevimab von Regeneron und Roche hat der CHMP die Artikel-5(3)-Opinion abgegeben. Die Kombinationsbehandlung ist ebenfalls indiziert für Patienten, die keinen zusätzlichen Sauerstoff benötigen und die ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf haben. Das Arzneimittel wird ebenfalls in Deutschland auf der Grundlage der MedBVSV angewendet.

Für Regdanvimab (CT-P59) von Celltrion hat die Bewertung nach Artikel-5(3) der EU-Verordnung 726/2004 begonnen, wie die EMA am 02.03.21 mitteilte.

Neuer Antikörper von VIR und GSK steht vor der Einreichung

Ebenfalls zur Behandlung von nicht-hospitalisierten COVID-19-Patienten vorgesehen, aber noch nicht im rollierenden EMA-Verfahren, ist der monoklonale Antikörper VIR-7831. Er wird gemeinsam von dem US-Unternehmen Vir Biotechnology und von GSK entwickelt. Der duale monoklonale Antikörper bindet an ein Epitop des SARS-CoV-2, das auch bei SARS-CoV-1 identifiziert wurde. Das könnte dem Virus möglicherweise die Bildung von Resistenzen erschweren. Vir und GSK haben am 10.03.21 mitgeteilt, dass sie umgehend den Antrag auf Notfallzulassung (EUA) in den USA sowie die Einreichung in anderen Ländern beabsichtigen. Anlass sind positive Ergebnisse der Phase-3-Studie COMET-ICE mit nicht-hospitalisierten COVID-19-Patienten. Nach Angaben der Unternehmen, ergab eine Zwischenauswertung für die Monotherapie mit VIR-7831 ein im Vergleich zu Placebo um 85 % verringertes Risiko für Krankenhauseinweisung oder Tod. Wegen dieser „profunden Belege“ zur Wirksamkeit von VIR-7831 habe der unabhängige Ausschuss für die Überwachung der Studiendaten (IDMC) die weitere Rekrutierung für COMET-ICE gestoppt.

MAA05, 15.03.2021