Jahresbericht 2019 des „MAA-Report“: EU-Kommission – ließ 40 % weniger neue Arzneimittel zu als 2018
Im Jahr 2019 hat die Europäische Kommission 45 neue Humanarzneimittel für den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zugelassen (ohne Generika und Informed-Consent-Zulassungen). Das sind 40% weniger als im Jahr davor (75). Eine Stichprobe mit den 2019 zugelassenen Arzneimitteln, die zum 31.12.19 auch in den USA zugelassen waren, ergab: Die Verfahren dauern in der EU nach wie vor länger als in den USA.
Führende Indikation 2019 waren Krebsarzneimittel (Antineoplastische Substanzen) mit 9 Zulassungen, gefolgt von Arzneimitteln für Patienten mit hämatologischen Erkrankungen (einschließlich Antihämorrhagika) mit 7 Zulassungen. Den dritten Platz teilen sich die Indikationsgruppen Antiinfektiva (einschließlich Antibiotika) und ZNS-Arzneimittel mit jeweils 5 Zulassungen. Auf dem 4, Platz folgt die breite Indikationsgruppe Alimentäres System und Stoffwechsel mit 4 Zulassungen. Den 5. Platz teilen sich Immunosuppressiva sowie Diabetes-Arzneimittel mit jeweils 3 Zulassungen.
Zu den neuen Therapieoptionen, wie sie auch die EMA als „Highlights 2019“ herausstellt, gehören zum Beispiel: Vitrakvi (Larotrectinib) von Bayer, die erste tumoragnostische (Histologie-unabhängige) Krebstherapie. Sie richtet sich gegen solide Tumoren mit einer neurotrophen Tyrosin-Rezeptor-Kinase (NTRK)-Genfusion. Baqsimi von Lilly, das erste Arzneimittel gegen schwere Hypoglykämie, das nicht injiziert werden muss. Es enthält Glukagon als Nasenspray. Zynquista (Sotagliflozin) von Sanofi, ein dualer SGLT1- und SGLT2-Hemmer, der als orales Add-on zu einer Insulintherapie für bestimmte Patienten mit Typ-1-Diabetes indiziert ist; Epidyolex (Cannabidiol) von GW Pharmaceuticals, ein Cannabinoid zur adjunktiven Behandlung von Anfällen, die mit dem Lennox-Gastaut- oder mit dem Dravet Syndrom assoziiert sind; Ondexxya (Andexanet alfa) von Portola, das erste zugelassene Antidot zur Aufhebung der antikoagulatorischen Wirkung von direkten Faktor-Xa-Hemmern (Apixaban oder Rivaroxaban), wenn dies wegen lebensbedrohlichen oder unkontrollierbaren Blutungen erforderlich ist. Ondexxya ist ein modifizierter humaner Faktor-Xa. Zynteglo, die Gentherapie von bluebird bio, zugelassen für Patienten ab einem Alter von zwölf Jahren mit einer transfusionsabhängigen ?-Thalassämie (TDT), für die kein passender Spender für eine Stammzelltransplantation zur Verfügung steht. Bei der Therapie handelt es sich um eine genetisch modifizierte, autologe, mit CD34+-Zellen angereicherte Population, die mit einem für das ?A-T87Q-Globin-Gen kodierenden lentiviralen Vektor (LVV) transduzierte hämatopoetische Stammzellen (HSZ) enthält. Sixmo von Molteni Farmaceutici zur Substitutionstherapie bei Opioidabhängigkeit. Das Arzneimittel enthält Buprenorphin als Depotformulierung. Sie besteht aus vier kleinen Stäbchen, die unter Lokalanästhesie in den Oberarm des Patienten implantiert werden und den Wirkstoff kontinuierlich über sechs Monate hinweg abgeben.
Im Jahr 2019 wurde auch erstmals eine Ebola-Vakzine zugelassen. Ervebo von MSD (Ebola-Zaire-Vakzine rVSV?G-ZEBOV-GP) ist ein gentechnisch hergestellter abgeschwächter Vektor-Lebendimpfstoff. Im Jahr 2019 wurden 4 Biosimilars zugelassen: Jeweils 1 Biosimilar von Avastin (Bevacizumab) und Humira (Adalimumab) sowie 2 Biosimilars von Neulasta (Pegfilgrastim). Zum Vergleich: Im Jahre 2018 ließ die Europäische Kommission insgesamt 14 Biosimilars zu. Weiterhin längere Bearbeitungszeiten als in den USA Am 31. Dezember 2019 hatten von den 45 Neuzulassungen in der EU 32 Arzneimittel auch eine Zulassung in den USA. Für 29 von ihnen ermittelte der MAA-Report die Bearbeitungszeiten in beiden Regionen, berechnet von der Einreichung bis zur Zulassung durch die Europäische Kommission bzw. die FDA. Unter Ausschluss von Besonderheiten (kurze Bearbeitungsdauer in den USA wegen Resubmission nach einem CRL) ergab sich für eine Stichprobe von 27 Arzneimitteln: Im Mittel vergingen von der Einreichung bis zur Zulassung in der EU bzw. dem EWR 441 Tage, in den USA waren es 275 Tage; im zentralisierten Verfahren der EMA warteten die Antragsteller demnach 166 Tage und damit etwa fünfeinhalb Monate länger auf eine Zulassung als bei der FDA.