Bonn hat als EMA-Sitz offenbar einen entscheidenden Nachteil

Bonn wird offenbar nicht als Favorit für den Sitz der EMA gehandelt. Die Europäische Kommission hat zwar bei Ihrer Bewertung der 19 Bewerbungen kein Ranking aufgestellt; für Bonn könnte sich aber die dort geplante zunächst provisorische Unterbringung der Agentur als entscheidender Nachteil erweisen. Auch die Mitarbeiter der EMA scheinen andere Städte zu bevorzugen, wie die Nachrichtenagentur Reuters erfahren haben will. Doch die Entscheidung trifft der EU-Ministerrat im November.

„Schlechte Nachrichten für Bonn“ oder „Die Chancen für Bonn schwinden“, so titelten deutsche Medien, nachdem die EU-Kommission auftragsgemäß eine Bewertung der Bewerbungen um den neuen Sitz der EMA nach dem Brexit und dem Wegzug aus London veröffentlicht hat. Worauf stützt sich dieser Pessimismus? Die Kommission hatte ja in ihrer Bewertung kein Ranking aufgestellt und unter den Bewerbern auch keine Vorauswahl getroffen. Sie hat lediglich die Angaben der Bewerber den in der Ausschreibung definierten Kriterien synoptisch gegenübergestellt. Doch weniger aus dieser Einzelbewertung, mehr aber aus einer vorangestellten allgemeinen Note der Kommission, die sowohl die Verlegung der EMA als auch die der Bankenaufsicht betrifft, könnte sich ein entscheidender Schwachpunkt für Bonn ergeben. Nach Ansicht der Kommission ist nämlich eine vorläufige Unterbringung für eine Übergangszeit weniger wünschenswert als der sofortige Bezug von endgültigen Gebäuden. Denn eine Übergangslösung bedeute für die Mitarbeiter zwei Umzüge innerhalb relativ kurzer Zeit. Genau solche Provisorien (Campus Godesberger Allee oder Am Propsthof) sieht die Bewerbung Bonns jedoch vor, solange das endgültige Gebäude noch nicht zur Verfügung steht. Die EMA-Mitarbeiter selbst favorisieren offenbar die Städte Amsterdam, Barcelona und Wien, wie Reuters erfahren haben will. Die Agentur bezieht sich auf die Ergebnisse einer Mitarbeiterbefragung der EMA, die diese auf der Website publiziert hat, jedoch ohne ein Ranking oder auch nur einzelne Städte mit Namen zu nennen. Bei der aus Sicht der Mitarbeiter günstigsten Wahl würden 81 % der Mitarbeiter an den neuen Sitz umziehen, bei den acht unbeliebtesten Städten nur 30 %, was dann, so die EMA, eine Krise der Öffentlichen Gesundheit auslösen und Notfallmaßnahmen erfordern würde.

MAA17, 02.10.2017