Hearing der FDA: Wie sollen Unternehmen Off-Label-Anwendungen kommunizieren dürfen?
Die US-Arzneimittelbehörde FDA veranstaltet im November (09.-10.11.16) eines der wohl wichtigsten Hearings der letzten Jahre. Sie will eine Balance finden, zwischen dem grundsätzlichen Recht von Pharmafirmen, mögliche Off-Label-Anwendungen ihrer Arzneimittel an Ärzte zu kommunizieren und dem Schutz vor irreführenden, die Arzneimittelsicherheit gefährdenden Aussagen.
Die FDA hat bisher stets eine sehr restriktive Haltung gegenüber der Kommunikation von nicht zugelassenen Indikationen von (für andere Anwendungen) zugelassenen Arzneimitteln eingenommen. Davon zeugen viele Fälle, in denen Pharmaunternehmen horrende Summen zahlen mussten als Strafe oder um rechtliche Auseinandersetzungen außergerichtlich beizulegen. Doch musste die Behörde auch Niederlagen hinnehmen. So hat das Berufungsgericht der USA für den zweiten Bezirk vor vier Jahren eine Entscheidung kassiert, in der ein Pharmareferent des Unternehmens Jazz, der mit Ärzten über Off-Label-Anwendungen eines von seinem Unternehmen vertriebenen Arzneimittels sprach, zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde. Und das irische Unternehmen Amarin war 2015 vor Gericht mit einer Beschwerde gegen die FDA erfolgreich, die Amarin die Verbreitung von Informationen nicht zugelassener Anwendungen für sein Fischöl-Präparat Vascepa untersagen wollte. In beiden Fällen stellten die Gerichte keine Verbreitung irreführender Informationen fest und gaben dem Recht auf freie Meinungsäußerung (Zweite Verfassungsänderung) den Vorrang. Der Streit mit Amarin wurde im März dieses Jahres außergerichtlich beigelegt und die FDA verzichtete auf Revision. In der Einladung zum Hearing, die im Federal Register der USA vom 01.09.16 veröffentlicht wurde, bittet die FDA nun um Stellungnahmen zu einer Reihe von Fragen, die ihr dabei helfen sollen, den Ausgleich zu finden zwischen Gesundheitsschutz und dem Anspruch der Unternehmen, Ärzte über (noch) nicht zugelassene Anwendungen ihrer Arzneimittel zu informieren. Das Dilemma beschreibt die FDA am fiktiven Beispiel eines Arzneimittels mit schwerwiegenden Nebenwirkungen, das zur Behandlung von Patienten mit metastasierendem Lungenkrebs noch als sicher gelten könnte, aber wohl kaum eine positive Nutzen-Risiko-Balance zur Anwendung bei hohem Blutdruck hätte. Auch die US-Branchenverbände PhRMA und BIO haben sich kürzlich mit einem Papier zu Wort gemeldet, in dem sie neun Prinzipien für nicht-irreführende nicht missbräuchliche Kommunikation über Off-Label-Indikationen aufstellen. Die Erwägungen des Verbandes werden durch 15 Szenarien untermauert, an denen verdeutlicht wird, welche zusätzlichen Angaben (Disclosures) die Unternehmen machen sollten, wenn sie über solche Anwendungen kommunizieren (www.phrma.de).