EU-Kommission startet Anhörung zur Kinderarzneimittel-Verordnung
Im kommenden Jahr wird die EU-Kommission ihren zweiten Erfahrungsbericht über die vor zehn Jahren in Kraft getretene EU-Kinderarzneimittel-Verordnung vorlegen. Noch bis zum 27.02.2017 können die Stakeholder in einer öffentlichen Anhörung dazu ihre eigenen Einschätzungen einreichen
Grundlage der Anhörung ist ein 14-seitiges Konsultationspapier der Kommission, für den wiederum ein 97 Seiten starker Bericht der EMA Pate stand. Zweck der Kinderarzneimittel-Verordnung ist die Entwicklung von kindgerechten Dosierungen, -formulierungen und speziellen pädiatrischen Indikationen. Anträge auf eine Zulassung für neue Wirkstoffe und neue Indikationen können in der Regel nur noch validiert werden, wenn der Antragsteller ein vom Pädiatrieausschuss (PDCO) akzeptiertes pädiatrisches Prüfkonzept (PIP) umgesetzt hat. Allerdings sind Ausnahmen Zurück- und Freistellungen (Deferrals, Waivers) möglich, etwa für Arzneimittel gegen Prostatakarzinom, weil dieser Krebs bei Kindern nicht vorkommt. Wie die EMA vorrechnet, sind in den Jahren 2004 bis 2006, also im Dreijahreszeitraum vor Inkrafttreten der EU-Verordnung 31 neue Arzneimittel oder neue Indikationen für die pädiatrische Anwendung zentral zugelassen worden, im Dreijahreszeitraum 2012-2014 waren es dagegen 68 und damit mehr als doppelt so viele. Insgesamt wird in dem Konsultationspapier der Kommission eine positive Bilanz gezogen. Es heißt darin jedoch auch, dass die Kinderarzneimittel-Verordnung wohl kaum jemals ein Selbstläufer werden könne; sie müsse vielmehr durch einen spezifischen Rechtsrahmen für pädiatrische Arzneimittel unterstützt werden. Kritisch bewertet das Konsultationspapier auch die „enttäuschende“ Performance der PUMAs, also der freiwilligen Entwicklung pädiatrischer Anwendungen von zumeist nicht mehr patentgeschützten Arzneimitteln, von denen bisher gerade mal drei zugelassen wurden – trotz Incentives. Auch das Belohnungssystem für die pflichtgemäße Entwicklung hat offenbar zu paradoxen Entscheidungen geführt. So haben sich in bestimmten Fällen die Hersteller von Orphan Drugs bei der Wahl zwischen der für das PIP gewährten SPC-Verlängerung und dem sogenannten Orphan Reward für erstere entschieden und kurz vor der Marktzulassung auf die Orphan-Drug-Designation verzichtet, weil unter den gegebenen Umständen die SPC-Verlängerung wirtschaftlich attraktiver war. Nicht sehr erfolgreich waren EMA und PDCO laut dem Papier offenbar bei dem Versuch, Hersteller zu mehr Zusammenarbeit bei der pädiatrischen Entwicklung zu bewegen, wie sie zum Beispiel bei der jüngsten Welle von parallelen Prüfungen für Diabetes-2-Arzneimittel wünschenswert gewesen wäre. (Die Unterlagen zur Anhörung findet man online auf der Public Health Site der Kommission unter Pharmaceuticals.)